Die Mutter zündet die erste Kerze auf dem Adventskranz an.
Jakob schaut in den Kerzenschein.
"Warum muss man so lange auf das Christkind warten?" fragt er. "Vier große
Kerzen lang?"
"Auf etwas Schönes muss man meistens warten", sagt die Mutter. "Etwas Schönes
braucht Zeit zum Wachsen. Zum Beispiel, bis ein Kind geboren wird. Damals haben
die Menschen lange Zeit auf die Geburt des Christkinds gewartet. Wann kommt es
denn endlich? haben sie gefragt. Auch die Mutter Maria hat viele Monate lang
gewartet, bis sie das Christkind zur Welt bringen konnte."
"Hast du auf mich auch so lang warten müssen?" fragt Jakob.
"Ja freilich", sagt die Mutter.
"Dafür war ich dann schön, und du hast dich gefreut", sagt Jakob.
"Sehr gefreut", sagt die Mutter.
Jakob schaut wieder in den Kerzenschein.
"Miteinander warten ist nicht so arg", sagt er.
Lene Mayer-Skumanz
Düsseldorf
1988.
Im Geschäft, an der Bushaltestelle, beim Pausenverkauf, im Unterricht, am
Skilift ...
Jetzt warten wir, dass alles genau so wird, wie es sich die Wartenden auf den
Messias vorgestellt haben,
Bekommt Warten nur einen Sinn aus dem Ziel? Hat Warten vielleicht auch selbst
einen Sinn?